Einmal Hell-Weekend und zurück
Ich bin eigentlich nicht gerade unsportlich und vor allem im letzten Jahr, da mein 30. Geburtstag ins Haus stand, hat mich ein bisschen der Ehrgeiz gepackt. Jünger wird man ja bekanntlich nicht mehr und wenn man versuchen möchte mit den 20-jähigen Haserln figur-technisch mitzuhalten, muss man sich schon etwas ins Zeug legen. Eine myClubs-Mitgliedschaft musste her, die mich 3- bis 6-mal die Woche motivierte Sport zu betreiben (und grundsätzlich eine ziemlich gute Entscheidung war).
Als mich zusätzlich eine Freundin fragte, ob ich, als kleines Experiment, mit ihr im Herbst ein Hell-Weekend, in einem Bootcamp im Südosten Englands machen wolle, war ich schwer begeistert. Das G.I. Jane Bootcamp, ein Camp für „Woman only“.
Da ich ja gerade quasi in „Höchstform“ war, dachte ich mir das Ganze würde ein Spaziergang werden. So richtig viel Kilos abzunehmen hatte ich nicht, trotzdem steckte ich mir ein paar Ziele:
Fitnessgoals
- Mehr Kondition: Laufen ist nicht meine Stärke und schon gar keine Leidenschaft von mir. Leicht und grazil dahinlaufen? Fehlanzeige! Zum Laufen hab ich mich meistens gezwungen, dementsprechend war auch meine Kondition.
- Fine Tuning: Vor allem den kleinen Problemzonen sollte es an den Kragen gehen.
- Weg mit dem Speck: Zusätzlich wäre ich über den einen oder anderen Kilo weniger trotzdem nicht sonderlich traurig gewesen (als Reserve, fall es mal wieder zu übermäßigen Heißhungerattacken kommen sollte)
- Fasten: Verzicht auf Kaffee, Alkohol, Kohlenhydrate (zu essen gab es nur lowcarb) – das volle Programm also.
Meine Freundin und ich also auf in den Flieger nach London, bereits am Donnerstag, auch wenn das Bootcamp erst Freitagmittag startete. Grund für die frühzeitige Anreise: Ausgehen, noch einmal so richtig völlern und so viele Kohlenhydrate wie möglich aufnehmen, um im Bootcamp nicht zu verhungern.
Von der Victoria Station aus ging es eine Stunde mit dem Zug aufs Land. Idylle pur, mitten im Garden of England, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Das Camp, ein wunderschönes, altes Englisches Landgut, erinnerte mich an einen Rosemunde-Pilcher- (oder wer es gerne etwas spookier mag, an einen alten Miss Marple-) Film.
Im Camp angekommen durften wir unser Zimmer beziehen und wurden anschließend detailliert vermessen (Arme, Beine, Brust, Bauch, Hüfte) und gewogen. (Zum Glück alles in Stones & Inches und ich keine Ahnung was das in Zentimetern und Kilos bedeutete.)
Anschließend ging es zum Fitnesstest. Unser Trainer, Barney, ein großer, bulliger Instructor aus irgendeiner Militär-Specialeinheit ließ uns jeweils eine Minute Sit-ups, Burpees, Liegestütze etc. machen. Meine Ergebnisse waren toll, sogar unser Instructor war beeindruck. Naja, bis es dann raus aufs Feld ging – Laufen stand auf dem Programm. Barney hatte ziemlich große Erwartungen an mich und schaute dann ziemlich blöd aus der Wäsche, als ich keuchend als drittletzte über die Ziellinie kroch.
Nach dem ich meine (Lauf)Blamage überwunden hatte war der erste Tag auch schon überstanden. Was die kommenden Tage folgte war ein Hell-Weekend schlecht hin!
Die Beweggründe der anderen Teilnehmerinnen waren sehr unterschiedlich. Es gab einige die dieses Camp immer wieder und in regelmäßigen Abständen besuchen, einige wollten in ein bestimmtes Kleid passen, oder für die Hochzeit oder Flitterwochen in Shape sein.
Ein klassischer Tagesablauf:
7.00 Uhr: Habachtstellung
1,5 Stunden Marsch (was für Barney schnelles Gehen in seinem Militärschritt war, war für mich ein 1,5 Stunden Lauf, um mit meinem kurzen Beinen mithalten zu können )
8.30 Uhr: Frühstück (Müsli oder Porridge, mit ein paar Früchten; NO COFFEE)
9.30 Uhr: Intervalltraining ca. 1,5 Stunden (Goldene Regel: Immer in Bewegung bleiben, wer nicht gerade mit einer Übung beschäftig ist, der läuft!)
11.00 Uhr: Snacktime (Knäckebrot mit Cottagecheese)
11.30 Uhr: Kettle Bell Workout (1,5 Stunde)
Shoulder Press
Triceps Press
Clean to press
Swing Press
Thruster
Arm curl
Goblet Squat
Rows
Rotation
Squat-Press-Triceps
& Run! Run! Run!
01.00 Uhr: Suppe zum Lunch (that’s enough!)
02.00 Uhr: Work-Rest-Play (Zirkeltraining)
03.30 Uhr: Snacktime (3 Esslöffel Joghurt)
04.00 Uhr: Laufeinheit
05.30 Uhr: Ice Buket Challenge – Diese war optional und mein Highlight des Tages. 4 Minuten im 3 Grad kaltem Wasser ist super gut für die Regeneration der Muskeln und wenn man einmal drin ist, ist es auch gar nicht mehr kalt, man hört einfach auf seinen Körper zu spüren (bewegen konnte ich mich am nächsten Tag vor lauter Muskelkater trotzdem nicht)
06.00 Uhr: Dinner – Znoodles (low carb – what else!)
08.00 Uhr: Eine Schlafenszeit gab es keine, aber ich konnte nach dem Programm kaum noch die Augen offen halten
Grundsätzlich muss man sagen, dass Barney eigentlich ganz „handsome“ gewesen wäre (Fans hatte er zumindest einige) – ich hingegen war allerdings schwer damit beschäftigt meinen ganzen Frust über das harte Training auf ihn zu projizieren. Am 2. & 3. Tage verfluchte ich alles und jeden.
Fazit:
Durch das harte Training und die strenge Diät habe ich wirklich ein paar Inches und Stones (0,..) verloren. Die Atmosphäre im Bootcamp und mit den Betreuerinnen war toll und die Umgebung wunderschön. Auch das gesunde Essen schmeckt eigentlich und durch die Anstrengung hat man ohnehin kaum Hunger. Das Training ist allerdings mehr als hart. Was mich am meisten fasziniert hat war was so ein Körper grundsätzlich so aushält und leisten kann. Davor war ich nach einer Trainings-Einheit fest im Glauben den restlichen Tag nichts mehr machen zu können – jetzt weiß ich, es geht noch viel mehr. (Wie gesund aber so ein Hardcore-Programm ist sei in Frage gestellt.) Ich für meinen Teil halte regelmäßiges Training und eine relativ gesunde Ernährung für wesentlich sinnvoller und nachhaltiger – ich widme mich jetzt also dem Yoga. Eine Erfahrung war es jedoch allemal. In diesem Sinne Namasté.
Hier geht’s zum Bootcamp: G.I. Jane Bootcamp